Freitag, 26. August 2011
Möchtegern-Männer und die Farbe Pink VII
Als er in Annis kleinen, aber charmanten Eingangsbereich eintrat, hörte er die unverwechselbaren ersten Akkorde von „Highway to Hell“ aus der Küche hallen.
„Living easy, living free...“, hörte er Anni einstimmen.
Naja, schlecht drauf oder irgendwie verstört zu sein wegen dem, was gestern passiert war, schien sie jedenfalls nicht. Sie schien eher Party zu machen….Also stieß Brad die Tür mit einem lauten „Überraschung!“ auf und betrat den Raum.
Nachdem sie sich von dem ersten Schock erholte hatte, drehte Anni die Musik leiser, schaute ihn mit diesem skeptisch-genervten Blick an, den nur sie drauf hatte und frage einfach nur:
„Ist meine Eingangstür noch in Ordnung?“
Brad musste unwillkürlich grinsen. Sie kannte ihn einfach zu gut.
„Ja, funktioniert sogar besser denn je.“ Charmantes Lächeln. „Das sind meine magischen Hände!“ Spielerisches Augenzwinkern.
Nach einer Weile des Schweigens fügte er hinzu: „Willst du deinem Besuch nicht einen Kaffee anbieten oder sowas? Es kommt schließlich nicht oft vor, dass so jemand wie ich sich in diese Gegend verirrt.“
Doch irgendwie schien sein ganzer Charme heute nicht zu zünden – war vielleicht Vollmond oder sowas?- denn Anni schaute ihn nur an und sagte: „Was willst du hier, Brad?“
Sie klang nicht wütend oder genervt, aber, obwohl sie lächelte auch nicht so warm und freundlich, wie man es von ihr gewohnt war. Sie wirkte irgendwie künstlich. Ihr Lächeln sah auf einmal genauso falsch aus, wie das der Barbies, mit denen er immer schlief.
„Heute Morgen war ein Meeting angesetzt. Hattest du das vergessen?“
Anni seufzte. „Nein, Brad. Ich hab auch schon da angerufen. Ich muss nicht mehr zu den Meetings kommen, denn ich habe gekündigt. Es wird Zeit für mich, mich endlich beruflich weiterzuentwickeln.“ Und dann zuckte sie mit den Schultern.
Wow, damit hatte er nicht gerechnet.
„Aber Anni, du bist die rechte Hand von einem der größten Helden des 21. …“
„Verdammt, Brad.“, oh Mann, jetzt wurde sie leicht aggressiv, „,falls das überhaupt dein richtiger Name ist, hör endlich auf mit dem Scheiß. Du bist kein Geheimagent oder so was, du bist Scheidungsanwalt! Und irgendwelchen Frauen ihre Kalender zu klauen, ist keine Heldentat!“
Okay, da sprachen jetzt eindeutig verletzte Gefühle aus ihr, also Ansprache abspulen:
„Hey Anni-Baby, ich weiß der Gedanke an mich mit einer anderen Frau zerreißt dir dein kleines Herz, aber…“
„Brad, du kannst meinetwegen mit allen Toastbrot-Bräuten auf der ganzen Welt schlafen.
Meinetwegen können die das auch den ganzen Tag lang live im Asi-TV übertragen. Meinetwegen können die sogar einen ARD-Brennpunkt zum Thema „Brad Newmans Sexualleben“ übertragen, es interessiert mich nicht.“ Anni holte Luft: „Ich kann nicht glauben, wie ich es aushalten konnte zwei ganze Jahre lang mit einem groß gewachsenen Kind wie dir zu arbeiten, das immer noch in einer Fantasiewelt lebt. Und jetzt fände ich es gut, wenn du gehen würdest. Der Raum ist eindeutig zu klein für mich und für dein Ego. Du weißt ja, wo die Tür ist.“
„Wow, ich muss zugeben, deine Ansprache hat meine getoppt. Du entwickelst echt Talent. Kleine. Naja, wer eben beim Meister lernt…“
„Raus!!!“ Jetzt schrie sie. Brad hatte Anni noch nie schreien gehört. In zwei Jahren.
Es war unheimlich. Womöglich bildete er sich das nur ein, aber Brad war sich zu fast 100 Prozent sicher, dass er so eine riesige, hervorstehende, pulsierende Ader an ihrer Stirn gesehen hatte, so wie bei Bruce Willis oder sowas. Also ging er und dachte darüber nach, einen neuen „Stirb Langsam“-Teil mit einer furchterregenden, dickadrigen Antagonistin zu produzieren. Das kam definitiv auf seine To-Do-Liste.
Als er schließlich im Treppenhaus stand und ihn von der Treppe nach oben aus ein Anabolika-Opfer im Muskelshirt wütend anstarrte und fragte, ob er das Arschloch wäre, das ihn aus dem Bett geklingelt hatte, bemerkte er, dass Anni das Wort „Toastbrot-Braut“ benutzt hatte.
Das Mädel hatte echt zu viel Zeit mit ihm verbracht.
Bei dem Gedanken musste er unwillkürlich grinsen.
Erst als Anabolika-Anton mit großen Schritten auf ihn zukam, wurde ihm klar, dass das vielleicht gerade nicht so angebracht gewesen war.

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